Gentechnik

Giftiges Sperma tötet weibliche Insekten

Mit Gentechnik und "toxischer Männlichkeit" gegen krankheitsübertragende Mücken

Nahaufnahme einer Stechmücke auf menschlicher Haut
Bei blutsaugenden Mücken stechen oft nur die Weibchen und übertragen dabei Krankheiten. © Anest/iStock

Toxische Männlichkeit mal anders: Forschende haben eine neue Methode zur biologischen Schädlingsbekämpfung entwickelt. Dabei werden männliche Insekten gentechnisch so verändert, dass sie giftige Proteine in ihrer Samenflüssigkeit produzieren. Nach der Paarung sterben die krankheitsübertragenden weiblichen Insekten an den Toxinen. Diese „Toxic Male Technique“ könnte die Anzahl krankmachender Insekten und Agrar-Schädlinge schneller und effektiver verringern als derzeitige Methoden.

Insekten stellen eine wachsende Bedrohung für die globale Gesundheit und Landwirtschaft dar. Pflanzenschädlinge verursachen jährlich Ernteschäden in Milliardenhöhe. Da blutsaugende Stechmücken zudem Krankheiten wie Malaria, Dengue, Zika, Chikungunya und Gelbfieber übertragen können, verursachen Insekten auch Millionen von Infektionen und Hunderttausende von Todesfällen jährlich.

Was tun gegen die Blutsauger?

Bei blutsaugenden Mücken wie Aedes aegypti und Anopheles gambiae stechen allerdings nur die Weibchen. Chemische Pestizide können jedoch nicht zwischen männlichen und weiblichen Tieren differenzieren und töten diese daher gleichermaßen ab. Als Beifang nehmen zudem andere Arten, darunter auch Nützlinge, und ganze Ökosysteme Schaden. Hinzu kommt, dass Insekten immer öfter resistent gegen die verfügbaren Pestizide sind.

Eine vielversprechende Alternative zu Pestiziden ist die genetische Biokontrolle. Dabei werden männliche Insekten durch Strahlung sterilisiert oder gentechnisch so verändert, dass sie für Weibchen letale Gene tragen. Werden diese Männchen freigesetzt, paaren sie sich mit den wilden Weibchen, die daraufhin jedoch keine oder nur männliche Nachkommen hervorbringen.

Das verzerrt auf Dauer allerdings das Geschlechterverhältnis und bedroht die Art an sich. Die erwachsenen Weibchen leben zudem weiter und verbreiten weiterhin Krankheiten, bis sie auf natürliche Weise sterben.

Toxisches Sperma

Samuel Beach und Maciej Maselko von der Macquarie University in Sydney haben diese Technik nun so abgewandelt, dass nicht der weibliche Nachwuchs, sondern die erwachsenen Weibchen durch die Paarung beeinträchtigt werden und sie nicht länger Krankheitserreger übertragen können.

Dafür veränderten die Forscher männliche Insekten gentechnisch so, dass sie kleine, giftige Proteine in ihrer Samenflüssigkeit produzieren. Diese werden bei der Paarung übertragen, gelangen in die Hämolymphe der Weibchen, schädigen deren Nervenzellen und verkürzen so die Lebensdauer der Weibchen. Für die Männchen sind die Proteine hingegen ungefährlich, weil sie den männlichen Genitaltrakt nicht verlassen – sofern sie groß genug sind, wie die Forscher feststellten.

Diese „Toxic Male Technique“ (TMT) genannte Methode reduziert die Population weiblicher erwachsener Insekten und ist dadurch effektiver und schneller als die bisherigen genetischen Biokontrollmethoden und zugleich umweltverträglicher als Pestizide, erklärt das Team. „Durch die gezielte Bekämpfung der weiblichen Mücken selbst und nicht ihrer Nachkommen ist TMT die erste biologische Bekämpfungstechnologie, die so schnell wie Pestizide wirken könnte, ohne auch den nützlichen Arten zu schaden“, sagt Beach.

Verkürzte Lebenserwartung nach Paarung

Wie gut diese Technik funktioniert, testeten die beiden Forscher im Labor an Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) mit insgesamt sieben Giftgenen aus Spinnen und Anemonen. Dabei zeigte sich, dass Weibchen, die sich mit TMT-Männchen paarten, eine um 37 bis 64 Prozent geringere Lebenserwartung aufwiesen als Weibchen, die sich mit unmodifizierten Männchen paarten.

Mit Computermodellen ermittelten Beach und Maselko daraus, welchen Effekt die Anwendung von TMT bei der hochaggressiven Mückenart Aedes aegypti hätte. Demnach käme es nach der Paarung dieser weiblichen Mücken mit giftigen TMT-Männchen zu 40 bis 60 Prozent weniger Mückenstichen als bei den etablierten Methoden. Damit sänke auch das Risiko für Infektionen durch das Blutsaugen.

Sicherheitstests stehen noch aus

Die Studie belegt damit, dass dieser gentechnische Ansatz grundsätzlich geeignet ist, um bestimmte Populationen von schädlichen Insektenarten zu unterdrücken. Die Technik könnte künftig in der Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden, um krankheitsübertragende Arten oder landwirtschaftliche Schädlinge zu reduzieren.

Allerdings sind dafür zunächst weitere Tests nötig, bei denen die für jede Art geeigneten Toxine ermittelt werden. „Wir müssen TMT noch bei Stechmücken einsetzen und strenge Sicherheitstests durchführen, um sicherzustellen, dass keine Risiken für Menschen oder andere Nichtzielarten bestehen“, sagt Maselko.

Bei der TMT-Methode entstehen jedoch nur sehr sorgfältig ausgewählte Proteine im Insektensperma, die ausschließlich für wirbellose Tiere und nicht für Säugetiere giftig sind. Zudem sind sie vor allem bei Übertragung über Körperflüssigkeiten toxisch, bei Verschlucken jedoch kaum. Daher halten es die Forscher für unwahrscheinlich, dass die Gifte Schaden anrichten, wenn die manipulierten Insekten von nützlichen Insekten gefressen werden. (Nature Communications, 2025; doi: 10.1038/s41467-024-54863-1)

Quelle: Macquarie University

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